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Talent (1) [von Lilli Lehmann] Das Talent, in dem sich alle Bedingungen zum Künstler vereinen, ist sehr selten. Echtes Talent hilft sich wohl auch bei einem weniger guten Lehrer auf Umwegen durch, während der beste Lehrer aus der Talentlosigkeit eben auch kein Talent machen kann. Dieser aber wird den Leuten nicht mit unhaltbaren Versprechungen die Köpfe verdrehen.

(2) [von Leopold Mozart] ... Am 28. geht le nozze di Figaro zum ersten Mal in die scena. Es wird viel sein, wenn [Wolfgang Amadeus Mozart] reussiert, denn ich weiß, dass er erstaunlich starke Kabalen wider sich hat. Salieri mit seinem ganzen Anhange wird wieder suchen Himmel und Erde in Bewegung zu setzen. Duschek sagte mir neulich, dass [Wolfgang Amadeus Mozart] so viele Kabalen wider sich habe, weil er wegen seines besondern Talents und Geschicklichkeit in so großem Ansehen stehe...

Technik [von Lilli Lehmann] Das Erlernen künstlerischer Technik ist immer mit Übertreibung verbunden. Gilt es doch sein eigenes feinstes Gefühl für irgend etwas, das gerade je feiner je komplizierter ist, anderen sichtbar, hörbar, d. h. in weiten Räumen begreiflich zu machen. Künstlerische Technik muss durch die Ästhetik der Seele zum Ebenmaß der Schönheitsform gelangen, und kann nur dadurch wieder - scheinbar - zur Natur werden.

Tempo [von Wolfgang Amadeus Mozart] ... Ich habe mit Fleiß Andante maestoso darauf geschrieben, damit man die Fuge nur nicht geschwind spiele; denn wenn eine Fuge nicht langsam gespielt wird, so kann man das eintretende Subjekt nicht deutlich und klar ausnehmen, und ist folglich von keiner Wirkung.

Tenor [von Leopold Mozart] Der Tenorist ... schreit wie ein Zahnbrecher in der Höhe, und seine Stimme ist wie ein hölzerner Laden so trocken.

Tenor, lyrischer [von Johannes Miksch] = krankhafter Zustand.

Terzentriller  Dieser wird trainiert, um die Reinheit des Sekundentrillers zu erhöhen.

Teufel [von M. H. Fuhrmann, 1706]  Der schönsten und herrlichsten Gaben Gottes eine ist Musica, der ist der Satan sehr Feind, damit man viel Anfechtungen und böse Gedanken vertreibt (versteht durch die bösen Gedanken allein die feurigen Pfeile des Bösewichts, und keine göttliche Traurigkeit, welche ruchlose Weltkinder durch ihre üppige Zechmusik in Nobis-Krug, da der Saufteufel sein Schild aushängt, bald zu vertreiben suchen; denn eine solche Musik ist dem Dienst der Sünden unterworfen und dem Satan gar nicht zuwider, sondern er gibt selbst mit großem Vergnügen diesen Musikanten Audienz, wenn sie so musizieren) der Teufel harret ihr nicht. Er kann die Musik nicht leiden und muss sich auf und davon machen, wenn ein frommer Christ derselben ergeben ist.

Tonbildung [von Manuel Garcia d.J.] Art und Weise, in welcher die Töne gebildet werden -

Die unteren Stimmbänder bilden, da sie allein in der Tiefe des Larynx vibrieren, wie soeben gesagt und durch das Geschehene bewiesen ist, ausschließlich die Stimme, von welcher Kraft oder in welchem Register sie auch immer sein mag. Aber Kraft welchen Prinzips tritt die Stimme überhaupt zu Tage? - Mir scheint, die Antwort auf diese Frage kann nur diese sein: die Stimme wird auf eine einzige Weise gebildet - durch Kompressionen und Expansionen der Luft oder die sukzessiven und regelmäßigen Explosionen, welche sie bei ihrer Passage durch die Glottis hervorbringt.

Die Stimmbänder liegen ungefähr in der Höhe des oberen Randes des Ringknorpels, schließen den Durchzug für die Luft ab und bieten derselben einen Widerstand. Sobald sich die Luft hinreichend angesammelt hat, trennt sie die Stimmbänder von einander und bringt eine Explosion hervor; aber im selben Augenblick begegnen sie sich Kraft ihrer Elastizität und weil der Druck von unten aufgehört hat, wieder, um sofort eine neue Explosion zu veranlassen. Eine Reihe dieser Kompressionen und Expansionen oder Explosionen, durch den Druck der angesammelten Luft und die Rückwirkung der Glottis verursacht, bringt die Stimme hervor.

Obgleich diese Theorie jetzt allgemein angenommen ist für Zungenwerke (elastische Plättchen) und unzweifelhaft sicher ist für den "Pressstrahl", das Zahnrad von Savart, der Syrene von Baron Cagniard-Latour etc., - so hat man dieselbe, so viel mir bekannt ist, doch noch nicht auf die Glottis angewendet. Wenn man erwägt, dass die Ränder dieser Öffnung, für sich allein genommen, keinerlei Laut von sich zu geben vermögen, wie man auch immer versuchen mag, dieselben zum Ansprechen zu bringen, so muss zugegeben werden, dass die Töne, die sie durch ihr übereinstimmendes Wirken hervorbringen, nur das Erzeugnis von Explosionen der Luft, durch ihre Schwingungen verursacht, sein können.

Es ist nicht nötig, dass die Glottis, um einen Explosionslaut zu erhalten, nach ihrem jemaligen Öffnen wieder vollständig geschlossen werde; es genügt, dass sie der Luft einen Widerstand entgegensetzt, der geeignet ist, ihre Elastizität zu entwickeln. In diesem Falle ist das Rauschen der Luft, welches die Töne begleitet, hörbar und dieselben haben einen verschleierten, manchmal sogar einen äußerst gedeckten Charakter, eine Beobachtung, welche wir dem Leser schon bei Besprechung des Falsetts vorgeführt haben.

Tonsinn [von Cicero, aus: 2. Buch "de natura deorum"] Aurium est admirabile quoddam artificiosumque judicium, quo judicatur et in vocibus et in cantibus varietas sonorum, intervalla, distinctio, et vocis genera permulta: canorum, fuscum, laeve, asperum, grave, acutum, flexibile, durum; quae hominum solum auribus judicantur.

Tremblement = Gruppo

Tremolieren [von Lilli Lehmann] Große Stimmen, die durch weite kräftige Organe, in denen der Atem breit und stark strömen kann, geschaffen werden, sind darum leicht zum Tremolieren geneigt, weil das Ausströmen des Atems gegen die Stimmbänder zu unmittelbar erfolgt. Der Atem wird vom Zwerchfell direkt dorthin durch den Kehlkopf gedrückt, anstatt durch die Bauchpresse gegen die Brust, den Kontrollapparat, getrieben zu werden, von wo aus er erst auf einem Umwege in minimalster Quantität, kontrollierbar an die Stimmbänder abgegeben wird. Selbst die stärksten Stimmbänder können unkontrollierten, d.h. direkten Atemdruck nicht erfragen. Man muss sie durch die verschiedenen Muskelfunktionen spannen und entlasten lernen.

Beim Einatmen soll die Brust sich nur wenig heben - man müsste denn eine Übung zur Brusterweiterung daraus machen wollen. Der Atemdruck gegen die Atempresse muss durch Aussprechen so lange anhalten, als ich einen Ton zu halten oder eine Phrase zu singen wünsche. Sobald die Aussprache gegen die elastische Bauch- und Brustpresse aufhört, ist auch Ton und Atem zu Ende. Erst gegen das äußerste Ende des Gesanges darf der Drang langsam nachlassen, die Brust langsam einsinken, obwohl auch noch über das Ende hinaus Ton und Wortform erhalten bleiben müssen. Während des Singens bin ich gezwungen, den Atemdruck gegen die Brust gleichmäßig durchzuführen, da hierdurch wieder allein der Atem den Stimmbändern gleichmäßig zugeführt werden kann, was die Hauptbedingung eines ruhigen Tons und geregelter Stimmbandverwertung ist. Die Atemkontrolle darf nie aufhören. Erst bei Beginn des Gesangs fängt die Brust - gegen die der Atem gedrängt wird - an, sich langsam zu blähen und erreicht die größte Dehnbarkeit erst, wenn die Atemphrase zu Ende gesungen ist. Dann sinkt die Brust langsam wieder ein. Der Ton sollte nie über die Kontrolle stark, nie unter die Kontrolle schwach gemacht, aber immer der Atem abgenommen werden. Das sollte ein strenges Gesetz des Sängers sein.

Ich lenke meine ganze Aufmerksamkeit auf den Drang gegen die Brust, der die Tür zur Vorratskammer des Atems bildet, aus der ich ununerbrochen nur ebensoviel an die Stimmbänder abgebe, als ich abzugeben wünsche. Ich darf nicht geizen und doch nicht verschwenderisch damit umgehen. Nebst der Ruhe gibt der Druck gegen die Brust (Kontrollapparat) auch Stärke und Dauer. Von der guten Kontrolle und dauernden Aussprache hängt die Länge des Atems ab der ohne Unterbrechung von hier gegen die Resonanzräume schwingt und, in elastische Form der Resonanzwerkzeuge gebannt, unserm Willen durch die Aussprache dient.

Man sieht nun wohl, wie leicht Stimmbänder durch unkontrollierten Atemstrom zu Schaden kommen können, wenn er in ganzer Machtfülle gegen sie hindurchgetrieben wird. Man sehe sich die Stimmbänder nur einmal auf dem Papier an, um sich der Torheit bewusst zu werden, diese kleinen feinen Bänderchen förmlichen Atemexplosionen auszusetzen. Sie können gar nicht genug geschont, aber auch gar nicht richtig genug geübt werden. Alle unrechtmäßige Arbeit muss ihnen erspart, dem Kontrollapparat der Brustwiderstandsmuskel und den Spannungen zugewiesen werden, die mit der Zeit einen ganz gehörigen Puff vertragen lernen. Das Tremolieren kann auch durch fehlerhaftes Einstellen des Kehlkopfs entstehen, indem dieser nicht eng genug unter Nase und Kinn gestellt, unverbunden mit den Stellvokalen i und e, allein herumwackelt. Hier hilft nur eine energische Kehlkopfeinstellung auf e, d.h. Zusammenstellung der Spannkräfte von Brust- und Zwerchfellmuskeln, die unablässig durch Aussprechen des e-Vokals erneut werden muss, denn möglicherweise liegt es auch nur an den untätigen Zwerchfellmuskeln, die keine Gegenarbeit verrichten, d.h. unverbunden sind mit den oberen Organen, was der Lehrer untersuchen muss.

Schon das Vibrato, zu welchem volle Stimmen neigen, sollte im Keim erstickt werden, da sich allmählich aus ihm ja doch das Tremolo und später noch viel Schlimmeres entwickelt. Man kann dem Ton durch Vokalmischungen Leben einhauchen, also auf unschädliche Weise. Vibrato ist das erste Stadium, Tremolo das zweite und bedeutend hoffnungsloser, das sich durch Zutiefsingen auf den obersten Mitteltönen der Grenzlage anzeigt. Ebenfalls auf Überlastung der Stimmbänder zurückzuführen, gesellt sich ihr noch Überanstrengung der Halsmuskeln hinzu, die durch dauerndes Zusammenkrampfen ihre elastische Kontraktions- und Auflösungsfähigkeit verloren haben, weil Tonhöhe und Stärke auf falschem Wege erzwungen wurden. Beide lassen sich nicht erzwingen, die Höhe nur schwebend über allem erhalten, Stärke nicht durch krampfhaftes Zusammenpressen der Halsmuskeln, sondern durch weitgehende Ausfüllung der Atemform und Resonanzräume erlangen, wenn der Kontrollapparat die Führung übernimmt, und die heißt: Atemabnahme.

Triller (1) [von Sieber] 1) Lässt sich der Triller überhaupt erlernen, oder muss er angeboren sein? Der Triller wird manchem Menschen von Natur sehr leicht und gelangt alsdann (bei eifrigen und gutgeleiteten Studien) bald zu perlender Deutlichkeit und bedeutender Schnelligkeit, während er wiederum vielen Sängerinnen und Sängern die größten Schwierigkeiten bereitet, ja ihnen fast unmöglich erscheint; immerhin lässt sich ein mäßiger Schnelligkeitsgrad des Trillers wohl von beinahe allen Gesangschülern erlernen. 2) In welcher Weise verfährt man beim Studium? Es sind beim Triller - wie bei jeder andern Gesangsmanier - zwei Momente zu unterscheiden, die musikalische und die mechanische Seite der Ausführung. 3) Wie ist das zu verstehen? Die Ausführung der kurzen Vor-, Nach- und Doppelschläge und insbesondere des Trillers erfordert einerseits eine bedeutende Geschicklichkeit und Schnellkraft der Hals- und Schlundmuskeln, welche bekanntlich jene schwingende Erzitterung bewerkstelligen müssen, die bei dem schnellen Wechsel der Trillernoten stattfindet - dies nennen wir die mechanische Seite des Trillers; daneben aber verlangt sie vor allem die größte Reinheit der Intonation und das stete genaue Festhalten der vorgeschriebenen Tonhöhe sowie der gleichmäßigen Bewegung der beiden Trillerstufen (die nur zu leicht während ihrer Dauer punktiert erscheinen, indem die erste länger gehalten wird, als die zweite, oder auch in ihrer Entfernung von einander modifiziert, d.h. entweder näher aneinander gebracht oder über das richtige Tonmaß hinaus von einander entfernt werden); das nennen wir die musikalische Seite der Trillerausführung. - Sehr häufig ist jungen Sängern nur die Geschicklichkeit für das eine oder andere Moment eigen, und sie können es deshalb zu keiner Vollkommenheit bringen. Ihr Triller weist entweder eine große Gewandheit und Schnellkraft der Schlundmuskeln und des Kelhkopfes, d.h. eine mechanische Tüchtigkeit auf, aber die Trillernoten entwickeln keine Gleichmäßigkeit, werden nicht richtig intoniert und nicht weit genug auseinandergehalten, so dass nur die Trillerbewegung, aber nicht ihre musikalische Bedeutung klar wird - oder die Töne erscheinen in vollkommenster Reinheit, werden deutlich als große oder kleine Sekunde auseinandergehalten, auch wohl ziemlich ebenmäßig und schnell wechselnd gesungen - und doch fehlt der eigentliche Trillerschlag. Es müssen sich aber beide Momente zu einem vollkommenen Triller vereinigen, indem nur aus der doppelten Tüchtigkeit mechanischer und tonlicher Virtuosität seine befriedigende Ausführung und zugleich sein hoher Reiz und Zauber hervorgeht. 4) Wie kann der Schüler in den Besitz dieser doppelten Fertigkeit gelangen? Durch andauernde und systematische Studien. Der sogenannte weiche Triller (trillo molle), d.h. eine schnelle und gleichmäßig wechselnde Folge der zwei Trillerstufen ohne Trillerschlag wird am besten dadurch erlernt, dass man die beiden Töne zuerst in langsamster Folge - etwa in Viertelnoten im Andante sostenuto - übt und dabei die zweite Note ausnahmsweise ein wenig accentuiert, einmal um die Entfernung beider Töne recht genau einzuhalten, sodann aber auch um der ersten Note nicht eine längere Dauer einzuräumen. Später mag der Sänger die Bewegung nach und nach beschleunigen, aus den vier Vierteln acht Achtel, endlich Sechzehnteile, Zweiunddreißigstel usw. machen, dabei immer auf die genaueste Intonation und strenge Beibehaltung der einmal angenommenen Mundstellung achten und den Atem nur in geringer Quantität, in kleinen Teilchen ausfließen lassen, wenn er nicht der Beweglichkeit engegenarbeiten und die leichte, perlende Aufeinanderfolge der zwei Noten hemmen und erdrücken soll. 5) Wie ist aber der eigentliche Trillerschlag zu erlernen, der doch die Bewegung erst zum wirklichen Triller macht? Er wird am sichersten durch andauerndes Üben der kurzen Vorschlagsnote vor dem Trillertone gewonnen, wobei die Acciatur jedoch so kurz und zugleich so bestimmt als nur irgend möglich herausgeschnellt und auf der Hauptnote gleichfalls nur flüchtig verweilt werden muss, um sogleich die Übung von neuem wieder aufzunehmen. Es versteht sich von selbst, dass solche, einem Schlucken nicht unähnliche, Art die Töne aneinanderzuwerfen, keinen musikalischen Triller vorstellen, sondern nur die mechanische Tüchtigkeit zum Trillerschlage hervorrufen und die Schnellkraft und Geschicklichkeit der betreffenden Muskeln ausbilden soll.

(2) [von Lilli Lehmann] Der Triller wird am besten folgendermaßen geübt wird: immer von oben nach unten.

E und i werden sehr eng, gequetscht gegeneinander gestellt und fest gehalten. Der Kehlkopf so steif als möglich gehalten und hochgestellt. Die beiden Töne so eng, so schwerfällig als denkbar mit der Nase nach oben, auf dem Kehlkopf nach unten verbunden, wozu sich das j wieder brillant eignet, - so hoch als möglich und sehr stark mit Brust und Zwerchfell verbunden angeschlagen. Die Trillerübung muss fast geschrieen werden. Der oberste Ton jedesmal stark akzentuiert. Die Übung wird gleichmäßig stark ohne decrescendo zu Ende gebracht, die Atempresse und Aussprache arbeiten immer kräftiger ununterbrochen bis zum Schluss.

Trillerübungen müssen mit großer Energie ausgeführt auf dem ganzen Stimmumfang geübt werden. Trillerübungen machen eine Ausnahme insofern von der Regel, dass man dem Halse - immer mit Hilfe der Brustkontrolle und des Zwerchfells - mehr zumutet als bei anderen Übungen. Das betrifft aber die Muskeln. Der Atem schwingt über dem Kehlkopf, er staut sich nicht darin und ist deshalb ungefährlich; es ist direkt eine Muskelgymnastik.

Die Übung wird erst auf zwei halben, dann auf zwei ganzen Tönen derselben Tonart (wie oben angegeben) in chromatischer Tonartenfolge zweimal im Tage auf dem ganzen Umfang geübt. Sie ist anstrengend, weil sie eine große Energie erfordert, aber deshalb auch sehr stärkend. Erst so langsam und kräftig, als es Hals und Kraft des Sängers erlauben, dann schnell und schneller, bis eines Tags sich der Schlag unversehens einstellt. Mit etwas Energie und Fleiß muss es in 6-8 Wochen schon zu einem Resultate kommen, der Kehlkopf bereits die Gewohnheit allein zu funktionieren angenommen haben, so dass nun scheinbar nur ein Ton angeschlagen resp. gehalten wird, der zweite Ton alleine mitschwingt. Tatsächlich hat der Kehlkopf das schnelle minimale Auf- und Absteigen und Anschlagen aber so geübt, dass der Sänger nur noch die Schwingungen des Atems, die über ihm liegen, zu bewegen scheint. Die Technik dafür ist folgende:

Es wird nach regelrechtem, langsamem und schnellem Üben nunmehr nur der untere Ton allein vom Kehlkopf mit e festgehalten, mit Brust- und Zwerchfellmuskeln verbunden, der obere Ton bleibt in der Nasenform, die kräftiger und enger wird, sobald man den unteren allein anschlägt, darüberstehen. Nun wird der untere - der noch erhöht wird gegen die oberen, mit stets erneutem e kolossal stark und eng gegen den höchststehenden angeschlagen, der durch Gewohnheit des Kehlkopfes und des Gedächtnisses immer mitschwingt.

Man hat dann das Gefühl, als sänge resp. hielte man nur den untersten Ton - den man übermäßig hoch einstellen und singen muss - fest, während der oberste durch die Gewohnheit des Akzentuierens allein mitschwingt. Die Vereinigung der beiden Töne kommt einem dann so zum Bewusstsein, als sänge man den untersten zu hoch, so auf halbem Wege zum obersten. Es ist dies nur eine Gehörstäuschung, die durch Stellung und Höhenschwingungen hervorgerufen. Immer aber fängt man den fertigen Triller wie in der Übung auf dem obersten Tone an.

Jede Stimme muss sich in kürzerer oder längerer Zeit, durch richtige Übung, den Triller aneignen. Steife starke Stimmen schneller als kleine oder schwache. Ich selbst habe gewiss zehn Jahre lang auf dessen Verbesserung verwendet, weil ich als junges Mädchen sehr wenig Kraft hatte, trotzdem meine Stimme sehr geschmeidig allen Geläufigkeiten zugänglich war.

Um ihn überall anwenden zu können, dazu gehört natürlich lange Zeit und viel Übung. Es ist deshalb auch sehr gut, ihn auf Silben mit verschiedenen Vokalen - die sich alle an e und i lehnen können und auf Worten zu üben, sobald der Begriff dafür erst einigermaßen vorhanden ist.

Hat der Kehlkopf die Gewohnheit angenommen, kann man den Triller langsam ins piano und pianissimo durch Atemabnahme hinüberführen, ihn mittels Kontrolle der Atembrustpresse durch festeres aussprechendes e und i mit crescendis und descrescendis in die Unendlichkeit ausdehnen, wie es die alten Italiener machten und alle Deutschen machen, die etwas gelernt haben.

(3) [von Johann Friedrich Agricola, 1757] Der eigentliche Ort, wo der rechte Triller gebildet werden muss, ist die Öffnung des Kopfes der Luftröhre. Man kann die Bewegung derselben auch von außen fühlen, wenn man den Finger daran hält. Fühlt man keine Bewegung und kein Schlagen, so ist es ein gewisses Merkmal, dass man den Triller nur durch das Anschlagen der Luft am Gaumen hermeckere.

(4) [von Pier Francesco Tosi, 1723] Es gibt viele Fehler des Trillers, welche zu vermeiden sind. Der sehr lange ausgehaltene Triller triumphierte ehedem öfters zur Unzeit, so wie heutzutage die Passagen. Aber seitdem die Singkunst ins Feinere gebracht worden, hat man ihn den Trompetern oder den Sängern überlassen, welche, um ein Beifallsgeschrei von dem Pöbel zu erzwingen, sich in die Gefahr begeben wollen zu zerbersten.

trillo calato   in lauter Trillern fallende Skala.

trillo caprino  Bockstriller: wie eine Ziege meckern (belare come una capra).

trillo cavallino  Pferdetriller: wie ein Pferd wiehern (nitrire come un cavallo).

trillo cresciuto  in lauter Trillern steigende Skala.

trillo di forza  Krafttriller: Diesen verlangt das letzte Glied der Trillerkette.

Tyrones [von M. H. Fuhrmann, 1706] Sie laufen in den Schulen durch die Singklasse entweder nur wie die Sau durch den Kohlgarten (die im Durchrennen cito, citissime ein Maul voll Kraut erhascht) und werden Aliquidisten in der Musik, die allenthalben zuhause und nirgends daheim sind; oder kommen gar nicht hinein, sondern schlagen vor der Musik als etwas Profanem das Kreuz sich an der Stirn und an der Brust; oder verstopfen ihre Ohren wie ein tauber Otter vor der Stimme eines zur Musik anmahnenden Kantors, und bleiben also musikalische Nihilisten, welchen Contemtum und ingratitudinem die liebe Musica dergestalt vindiziert, dass sie unsere Grenzen quittiert und nach Italien gewandert ist.

 

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